Hochrangiger Besuch im Gymnasium im Schloss

Einen Politikunterricht der besonderen Art erlebten die Schüler des 12. Jahrgangs des Gymnasiums im Schloss am 26.01.2015. Zu Gast war auf Einladung der Schule der stellvertretende afghanische Botschafter in Berlin, Abed Nadjib. In seinem Vortrag ging der Gast zunächst auf die jüngere politische Entwicklung in seinem Heimatland ein, wobei der nun schon über 30 Jahre andauernde Bürgerkrieg in seinen Auswirkungen besonders beleuchtet wurde. In der regen anschließenden Diskussion hatten die Schüler Gelegenheit, alle sie interessierenden Fragen zu stellen.

Den Zuhörern wurde dabei die Problematik deutlich, ein nicht nur physisch schwer getroffenes Land wiederaufzubauen, sondern auch die Wunden zu heilen, die der Kampf zwischen verschiedenen Volksgruppen geschlagen hat. Ausdrücklich distanzierte sich der Referent von denjenigen Taliban, die zwar im Namen des Islam agierten, aber die Religion nur als Vorwand für ihre terroristischen Verbrechen benutzten. In seinem Vortrag sprach Nadjib im Namen der afghanischen Regierung den Angehörigen der gefallenen deutschen Soldaten seine Dankbarkeit, seinen Respekt und sein Beileid aus.
„Die Beziehungen zwischen Deutschland und Afghanistan sind freundschaftlich und eng miteinander verbunden“, betonte der Botschafter, „dazu hat auch der deutsche Einsatz im Rahmen der ISAF-Mission beigetragen“.

Die Zukunftsaussichten für sein Land beurteilte der Referent positiv. So liege die Zahl der Studenten inzwischen bei ca. 90.000, worunter sich auch zahlreiche weibliche Studenten befänden. Das Bildungswesen befinde sich stark im Aufbau und auch die Infrastruktur wie die Strom- und Wasserversorgung, die Straßen und die Eisenbahn würden in einem großen Tempo verbessert. Auch warb der Referent um Geduld: „Bei den vielen durch den Krieg verursachten Schäden und den hohen aufzubringenden Kosten für eine politische Stabilisierung und wirtschaftliche Konsolidierung darf das Land nicht durch übereilte Zeitpläne überfordert werden.“

In der regen anschließenden Diskussion hatten die Schüler Gelegenheit, alle sie interessierende Fragen zu stellen bzw. auch zu den Ausführungen Stellung zu nehmen. Dabei entwickelte sich ein ausgesprochen unterhaltsamer Dialog zwischen ihnen und dem Referenten, der seine Ausführungen auch mit persönlichen Anekdoten und Erlebnissen aufzulockern vermochte. Zum Schluss der Veranstaltung appellierte er an seine jungen Zuhörer, nicht ungeprüft irgendwelchen vorgegebenen Parolen oder Vorurteilen nachzulaufen, sondern sich selbst ein Bild von bestimmten Vorgängen zu machen, soweit des möglich sei. Eine verbesserte Beziehung zwischen afghanischen und deutschen Jugendlichen, z. B. bei gemeinsam entwickelten Studiengängen, könne auch in Zukunft dazu beitragen, das seit etwa 100 Jahren freundschaftliche Verhältnis zwischen beiden Ländern zu festigen und auszubauen.

Einige Anmerkungen zu dem Alltagsleben eines Diplomaten rundeten die insgesamt für die Zuhörer sehr informative Veranstaltung ab, an deren Ende Abed Nadjib die Schülerinnen und Schüler zu einem Besuch in seiner Botschaft einlud.
P. Maibach